Über die Problematik des wachsenden Supportaufwandes bei steigender Internetnutzung oder: wie könnte ich meine
Internet Kunden zur Selbsthilfe erziehen.
Die von einer Reihe öffentlicher Institutionen unterstützte Breitband Offensive nationaler Internet Service Provider
spiegelt sich vor allem in deren aggressiver Produktpolitik wider. Neben der augenscheinlichen Steigerung der
Kundenzahlen, scheinen ISPs mit einer attraktiven Vielfalt an Breitbandprodukten zwei weitere Ziele zu verfolgen: die
Verlagerung des bestehenden Kundenstocks in Richtung höherwertiger Internet Zugangsprodukte sowie die Schaffung eines
lukrativen Marktes für Mehrwertdienste.
Das vom ISP oft mit einer Fülle an Informationen überladene „Portal“ nimmt einen immer größeren Stellenwert ein und
wird dazu genutzt ein breites Portfolio an kostenpflichtigen Dienstleistungen anzupreisen. Mit Voice over IP, Online TV
oder Music Downloads – um nur ein paar wenige zu nennen – eröffnet der Internetzugang jenseits der 56k sowohl Usern als
auch ISPs ungeahnte Möglichkeiten.
Größere Bandbreite – mehr Supportaufwand?
Trotz der Euphorie, die uns Internetanbietern das Breitbandzeitalter beschert, wollen wir uns an dieser Stelle jedoch
einer Problematik zuwenden, die mit der komplexen Breitbandtechnologie und den darauf basierenden Mehrwertdiensten
einhergeht: dem steigenden Supportaufwand. So ist zum Beispiel die Einrichtung eines ADSL oder xDSL Internetzugangs für
den Kunden immer noch mit einem komplizierten Installationsvorgang verbunden. Das Einrichten einer VPN-Verbindung und
das korrekte Konfigurieren der Netzwerkkarte sind hier nur zwei kleine Beispiele der systemimmanenten Komplexität.
Boomende Wireless Produkte verstehen sich als das Nonplusultra des mobilen Zeitalters, die Anwenderfreundlichkeit bei
der Einrichtung steckt mit einer mühseligen WEP-Key-Eintragung und Konfiguration der Wireless-Karte allerdings immer
noch in den Kinderschuhen. Ist der Internetzugang erst einmal hergestellt, so muss der Kunde weitere Aufgaben wie zum
Beispiel das Einrichten von E-Mail-Konten oder seines Webspace selbst bewältigen.
Betrachten wir die jetzige Situation von Mehrwertdiensten, so müssen wir ernüchtert feststellen, dass es nicht reicht
diese Services anzubieten, sondern dass diese technologisch auch an den Mann gebracht werden müssen. Für uns als
Mitglieder eines Internetvereins und Leser dieser Zeitschrift ist das Konfigurieren von Outlook oder das Anlegen einer
neuen Verbindung doch sicherlich kein großes Thema, oder? Liebe ISPs, können Sie aber Ihren Nachbarn wirklich so
nebenbei im Plauderton erklären, welche Sicherheitseinstellungen in der VPN-Verbindung vorgenommen werden müssen, damit
mit Ihrem ADSL-Produkt auch tatsächlich eine Internetverbindung möglich ist? Spinnen wir den Gedanken zu Ende, so
stellen wir fest, dass auf Grund der zu erwartenden Deckungsbeiträge und der unzähligen Möglichkeiten die
Breitbandoffensive durchaus lukrativ erscheint, ein Teil der erzielten Gewinne jedoch wieder in den Support dieser
Produkte und Dienstleistungen zurückfließt, denn: je größer die Bandbreite, desto größer der Supportaufwand.
IKEA als Vorbild
Beleuchtet man die Callcenter-Problematik von Seiten des ISPs, fallen unweigerlich hohe Personalkosten, hohe
Mitarbeiterfluktuation und hohe Schulungskosten auf – um nur ein paar Punkte zu nennen. Und der Kunde verbindet mit dem
(Reiz)Wort Hotline längst schon Assoziationen wie lange Wartezeiten, hohe Gebühren und wenig Kompetenz. Wenn sich also
angebotene Supportleistungen auf beiden Seiten nur als mittelmäßig zufrieden stellend erweisen, scheint es an der Zeit
neue Wege zu beschreiten. Wie diese aussehen können, lässt sich am Beispiel von IKEA illustrieren.
IKEA hat es geschafft einen nicht unwesentlichen Preisvorteil an seine Kunden weiterzugeben, in dem ein großer Teil der
Leistungserbringung dem Kunden überlassen wird. Vom Aufladen der verpackten Möbelteile bis hin zum Zusammenbau heißt
die Devise „Do it yourself!“ Ausgeklügelte Strategien der Warenauszeichnung ermöglichen IKEA-Kunden das einfache
Lokalisieren des gewünschten Möbels im Lager. Ist das gute Stück erst einmal nach Hause geschafft, ist eine einfache,
bildlich beschriebene Anleitung hilfreich beim Zusammenbau.
Der Internetzugang als Billy Regal?
So mancher Leser fragt sich nun vielleicht, was denn der gute Ingvar Kamprad, der übrigens selbst kein Internetnutzer
ist, mit der österreichischen Breitbandtechnologie zu tun hat? An Hand des Beispiels aus der Möbelbranche lässt sich
illustrieren, dass es tatsächlich möglich ist, die ganze Komplexität eines Internetzugangs samt aller in diesem
Zusammenhang angebotenen Zusatzdienste auf ein paar einfache, bedienungsfreundliche Funktionen zu reduzieren, und diese
dem Kunden als Hilfe zur Selbsthilfe zur Verfügung zu stellen.
Eine vollautomatische Installationsroutine, die einen Internetzugang vom Systemcheck, über die VPN-Verbindung, bis hin
zur Konfiguration der Netzwerkkarte oder des Modems unter allen erdenklichen Microsoft Windows Betriebssystemen
einrichtet und sogar die Konfiguration des Browsers und E-Mail Clients übernimmt, als Metapher zum Imbusschlüssel und
der bildlich illustrierten Bauanleitung, die den Kunden Schritt für Schritt zum Ziel führt. Vollautomatisch und ohne
technisches Know How – und schon ist er da, der Internetzugang – und präsentiert sich so unkompliziert und bequem wie
eines von IKEA’s Wohnzimmern.
Ist der Kunde erst einmal drinnen und will das gute Stück mit den notwendigen Accessoires versehen, seinen
Internetzugang optimieren und verwalten, neue E-Mail Konten anlegen, online TV konfigurieren oder ein Backup anlegen,
so liegt es am ISP dem User eine anwenderfreundliche Oberfläche, einen gut sortierten Verkaufsraum zu präsentieren, in
dem er mühelos die gewünschte Funktionalität lokalisieren und auch ausführen kann – in dem der Kunde immer mehr
auswählt als er eigentlich braucht. Innerhalb einer einzigen ausgeklügelten Applikation können ursprünglich komplexe
Bereiche, wie Browser und E-Mail- Client- Verwaltung, installierte Hard- und Software, Diagnosetools wie IP Config,
Ping, Auszüge der Systemdaten oder relevante Konfigurationen für spezifische Zusatzdienste so dargestellt werden, dass
Internetuser tatsächlich Lust bekommen und Freude daran haben zuzugreifen und selbst anzupacken.
Der springende Punkt scheint dabei nicht die Komplexität der einzelnen Prozesse zu sein, sondern die Fähigkeit, solche
Abläufe in eine begreifbare Form zu gießen und in einer leicht bedienbaren Oberfläche darzustellen. Ist der erste
Schritt geschafft und hat man dem Kunden erstmals die Möglichkeit gegeben sich selbst zu helfen, wird der User mit dem
daraus gewonnen Ehrgeiz künftig immer wieder von sich aus versuchen verschiedenste neue Aufgaben selbst zu bewältigen.
Wer von uns kennt denn nicht dieses Gefühl des Stolzes, wenn das Billy Regal erstmals in den eigenen vier Wänden seinen
ihm zugedachten Platz einnimmt?
Entdecke die Möglichkeiten!
Die Annahme, dass der Einsatz von Softwareprogrammen, die die Einrichtung von Internetzugängen ermöglichen und eine
Selbstverwaltung aller internetrelevanten Daten und Einstellungen fördern, als ultimativer Problemlöser für alle
Supportagenden fungiert, darf natürlich bezweifelt werden. Ganz ohne Callcenter wird man auch in Zukunft nicht
auskommen, aber: zufriedenere Mitarbeiter würden nur mehr wenige Anfragen im Grunde zufriedener Kunden beantworten
müssen, denn eine durchdachte Applikation, mit welcher Internet Service Provider ihre Kunden zur Selbsthilfe animieren
und sogar erziehen könnten, würde zu einer deutlichen Entlastung des Callcenters führen.
Dass „Do it yourself“ dem Endverbraucher zu verkaufen ist, hat IKEA bewiesen. Fände der ISP einen Weg seine
Verwaltungstools so zu gestalten, dass „Do it yourself“ nicht zur Mühsal, sondern zum Erfolgserlebnis wird, so würde
für den ISP die Flut von Anrufen auf seiner Hotline der Vergangenheit angehören. Eine Reduktion der Supportsuchenden
führt nicht nur auf der Kundenseite zu kürzeren Wartezeiten, sondern in der Folge auch zu massiven Kosteneinsparungen.
Für die Call Center Agents liegt der große Nutzen aus einem solchen Support Tool auf der Hand. Meldet sich heute ein
Kunde beim ISP zwecks Problembehebung, nimmt oft allein die Lokalisierung der Störung einige Zeit in Anspruch. Eine
Softwareapplikation, die sowohl vom Kunden als auch vom Mitarbeiter über ein paralleles User Interface gleichermaßen
lokal bedient werden könnte, um Auskunft über Betriebssystem, Verbindungseinstellungen und Hardware zu geben, würde
eine rasche Diagnose und somit sofortige Hilfestellung ermöglichen. Dadurch könnte nicht nur die Kundenzufriedenheit
gesteigert werden, auch Mitarbeiter, die dadurch die Möglichkeit hätten, mit simplen Werkzeugen komplexe Prozesse zu
verstehen, würden ihre Aufgaben mit größerer Freude und Genugtuung erfüllen.
Denn seien Sie ehrlich: würden Sie sich einen bis an die Decke ragenden wuchtigen Wandverbau kaufen oder lieber ein
modernes und flexibel arrangierbares Designerstück???
Artikel: Mag. Karin Klitsch ist Sales Manager bei
https://www.mquadr.at
mquadr.at software engineering und consulting GmbH beschäftigt sich bereits seit mehreren
Jahren mit der Entwicklung von Internetzugangs-Routinen, Konfigurationssoftware und Support- bzw. Service-Tools im
Bereich Internet Service Providing.
Quelle:
ISPA
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