Weil die verwendete E-Mail-Lösung zu wenig Speicherkapazität bot und nur mangelhaft vor Spam schützte, hat Sunrise
den Dienst an Google ausgelagert und auf Google Apps umgestellt. Diese Umstellung wurde durch Software von mquadr.at
unterstützt, die sicherstellte, dass Sunrise Kunden diese Umstellung ganz einfach und vollautomatisch auf Ihren PCs
bzw. Laptops erledigen konnten und somit keinerlei manuellen Einstellungen vornehmen mussten.
Von Alina Huber
Sunrise bot seinen 2,86 Millionen Nutzern bislang die E-Mail- Dienste «Freesurf plus», «Mysunrise» und «Premiumsurf»
an. Diese Services basierten auf einem Mailsystem mit verschiedenen Frontends, welche teilweise
Sunrise-Eigenentwicklungen waren. Die drei Plattformen des Mailsystems stammten historisch bedingt aus
unterschiedlichen Häusern wie Diax, Sunrise, Internet Access oder Spectraweb, welche wiederum in verschiedenen
Bereichen wie beispielsweise den Webportalen verschiedene Lieferanten eingesetzt hatten.
Aufgrund der zu geringen Speicherkapazität, des mangelhaften Spam-Schutzes und der unzureichenden
Benutzerfreundlichkeit boten die Dienste den Usern keine zeitgemässe Leistung mehr. Für den Betreiber Sunrise kam der
hohe Aufwand für die Kundenbetreuung sowie den Plattformbetrieb hinzu. Die Anonymität der Mailkonten führte überdies
dazu, dass die E-Mail-Benutzer unbekannt blieben und keine Zuordnung zu den Kundendaten erlaubten. Um die Probleme mit
den bestehenden E-Mail-Diensten zu lösen, initiierte Sunrise verschiedene Projekte zum Ausbau oder Ersatz der
E-Mail-Plattformen. Der Telekom-Anbieter analysierte unterschiedliche Ansätze wie den schrittweisen Ausbau der
bestehenden Dienste oder den Inhouse-Aufbau einer neuen Plattform unter der Führung eines externen Spezialisten. Keiner
erwies sich jedoch als dauerhaft geeignet. Laut Christian Wulle, zuständiger Product Manager bei Sunrise, habe man
rasch erkannt, dass Sunrise «im Gegensatz zu spezialisierten Dienstleistern wie eben Google mit Gmail niemals dauerhaft
die notwendigen Ressourcen bereitstellen kann, um einen solchen Dienst stets auf dem neusten Stand der Entwicklungen
halten zu können». Dem Scheitern der Lösungsversuche folgte so die Einsicht, dass der Betrieb eines E-Mail-Dienstes
nicht zu den Kernkompetenzen von Sunrise gehört und an erfahrene Spezialisten ausgelagert werden sollte. Die
Herausforderung war es, ein Unternehmen zu finden, das EMail-Dienste mit dem gewünschten Leistungsumfang über längere
Zeit zuverlässig betreibt und weiterentwickelt, um das E-Mail-Angebot dauerhaft auslagern und somit effizienter und
professioneller gestalten zu können.
Outsourcing als Lösung
In der Evaluierungsphase wurden verschiedene Möglichkeiten unter die Lupe genommen. Nach eingehender Analyse
verschiedener Anbieter fiel die Wahl auf Google Apps. Denn für die Bedürfnisse von Sunrise präsentierte sich die Google
Apps ISP Edition bei weitem als beste Lösung, da keine andere gehostete Lösung ein ähnliches Leistungsvermögen und so
umfangreiche Zusatzdienste wie das Angebot von Google biete: «Wichtig ist uns, dass das Produkt kontinuierlich
verbessert und ausgebaut wird, ohne dass wir selber grundlegende Entwicklungsarbeit leisten müssen», so Wulle. «Derzeit
gibt es kaum vergleichbare Lösungen, die bereits ähnlich weit entwickelt sind.»
Weitere Kriterien für die Entscheidung für Google Apps als Grundlage des neuen Sunrise-E-Mail-Dienstes waren für das
Unternehmen die Stabilität und Geschwindigkeit der Systeme sowie die aussergewöhnlich umfangreiche Speicherkapazität
und der gute Spam-Schutz. Zusammen mit der bewährten Benutzerfreundlichkeit, dem günstigen Preis pro Mailbox und der
Möglichkeit der bedarfsgerechten Anpassung an das Kundenumfeld stellte sich Google Apps so als massgeschneiderte Lösung
für Sunrise dar. Beeindruckt zeigte sich Sunrise auch von den technischen Möglichkeiten des neuen E-Mail-Dienstes. Das
neue «Sunrise mail» bietet auch eine persönliche Startseite (PSP), wo unter Verwendung der Google-Gadget-Technologie
den Kunden zahlreiche Zusatzleistungen wie der SMS-/MMS-Sender, der TV-Tipp des Tages oder Music-Charts zur Verfügung
stehen. Diese «Spielmöglichkeiten » gehören zu den Lieblingsfeatures von Wulle: «Das Konzept der Google Gadgets finden
wir besonders spannend. Damit lassen sich ganz einfach und schnell eigene Inhalte einbinden. Ausserdem gefällt uns die
Tatsache, dass die Grösse der Mailbox ständig wächst.»
Das gesamte Provisioning, unter anderem Registration, Lifecycleund Passwort-Management, wird von Sunrise unter
Verwendung der verfügbaren APIs und SAML-Single-Sign-On (SSO) betrieben. Aufgrund spezieller Gesetzesbestimmungen in
der Schweiz musste zudem eine dedizierte Infrastruktur für die verlangte Überwachung des Mailverkehrs aufgebaut werden.
Dies erforderte Entwicklungsarbeit sowohl bei Sunrise als auch bei Google. Implementiert wurde diese Infrastruktur zur
Erfüllung gesetzlicher Richtlinien durch den Schweizer Spezialisten für Informationsintegration Basis06.
Implementierung und Migration
Für die Implementierung war eine genaue Bestandsaufnahme der aktuellen Situation wichtig. «Es galt, die
Möglichkeiten der von Google angebotenen Tools und APIs auszuloten und den Aufwand für spezifische Anpassungen zu
schätzen», so Wulle.
Bei der Projektdurchführung erwies sich schliesslich die Umwandlung der bereits bestehenden E-Mail-Konten auf Grund
der Umstellung lokaler E-Mail-Konten und wegen der Umgewöhnung an die neue Mail-Oberfläche zum Teil als schwierig.
«Dies führte zu einer erheblichen Anzahl Kunden, die für den Wechsel Unterstützung angefordert haben», so Wulle.
Abgefedert werden konnte dies mit der Bereitstellung eines automatischen Wizard, der alle notwendigen Einstellungen wie
Mailserver und Ports im E-Mail-Programm vornahm. Für den Wizard griff Sunrise auf die Dienste der Software-Entwickler
von Mquadr.at zurück. Zudem wurden in der Migrationsphase zusätzlich temporäre Mitarbeiter von Tempobrain für die
Kundenbetreuung eingesetzt. Die personalisierten Informationsmails an die Verbraucher wurden von der Firma Mayoris
erledigt.
«Weitere Knacknüsse waren ebenfalls hauptsächlich im Bereich der Migration zu finden, da ja drei verschiedene
bestehende Dienste auf einen einzigen neuen zusammengefasst wurden», erzählt Wulle weiter. Hier mussten ausgefeilte
Prioritätenlisten und Staffelungen ausgearbeitet werden. «Die anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen zur Überwachung des
Mailverkehrs führten ebenfalls zu einigem Mehraufwand, da eine Hosted Solution anders funktioniert als eine
herkömmliche Inhouse-Lösung.»
Von der Vertragsunterzeichnung bis zum Launch standen gut vier Monate zur Verfügung. Die eigentliche Implementierung
inklusive Testing dauerte rund drei Monate. Für die Migration, die im Februar 2008 begann, benötigte Sunrise hingegen
auf Grund der intensiven Kundenbetreuung und der damit verbundenen gestaffelten Kommunikation wesentlich mehr Zeit als
geplant, sie erstreckte sich über rund neun Monate.
Das neue «Sunrise mail» mit E-Mail, Kalender und persönlicher Startseite basiert auf der Google Apps ISP Edition und
ersetzt alle bisherigen Maildienstleistungen für Privatkunden von Sunrise. Der Dienst steht allen Kunden zur Verfügung.
Zu seiner bestehenden erhielt jeder Kunde eine neue E-Mail-Adresse hinzu. Sicherheitsbedenken räumt Wulle aus dem Weg:
«Sunrise übermittelt Google einzig den Namen sowie die E-Mail-Adresse des Mailkontos. Eingehende und ausgehende
Nachrichten sowie Kontakte werden auf den Systemen von Google weltweit an verschiedenen Orten gespeichert, was die
Ausfallsicherheit markant erhöht.»
Weiterentwicklung begeistert
«Die Unterstützung von Google während der gesamten Implementierungsphase war sehr gut, und auch bei der Wartung der
Services profitieren wir von der kontinuierlichen Weiterentwicklung durch Google », äussert sich Wulle zufrieden zum
Umstellungsprozess des EMail-Dienstes, der Ende 2008 abgeschlossen wurde. «Durch die kontinuierliche Weiterentwicklung
entsteht bei uns praktisch kein Entwicklungsaufwand für die Mailapplikation mehr, was ja auch Ziel des Projekts war»,
erklärt Wulle. Aufgrund der positiven Erfahrungen ist sich der Telekom-Anbieter sicher, dass Google Apps in naher
Zukunft noch viele weitere Unternehmen überzeugen wird: «Wir gehen davon aus, dass sich weltweit weitere ISPs für eine
Hosted Solution, basierend auf Google Apps, entscheiden werden. Eigenentwicklungen und der Inhouse-Betrieb von
Diensten, die nicht zum Kerngeschäft gehören, rechnen sich zusehends nicht mehr. Ein Outsourcing solcher
Dienstleistungen ist deshalb naheliegend.»
Wulle sieht aber auch noch Verbesserungspotential, insbesondere beim Customizing der Benutzeroberfläche sowie der
Bereitstellung weiterer nützlicher Funktionen, die durch Sunrise angeboten werden, wie Gadgets auf der persönlichen
Startseite.
Sunrise plant, die bestehende Partnerschaft mit Google in naher Zukunft noch weiter zu vertiefen. Schliesslich nutzt
das Unternehmen nicht nur die Mail-Technologie von Google, sondern setzt auch auf weitere Dienstleistungen wie Google
Adsense, Google Adwords oder die firmeninterne Unternehmenssuchmaschine GSA (Google Search Appliance).